Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
"Kinder, wir machen das so wie früher, wir machen eine Klassenkassa. Ich sammle von jedem 30 Euro ab ... und bezahle damit die Anschaffungen, die für alle gleich ausfallen. Ich kaufe die Schularbeitshefte, bezahle die Eintrittskarten, die Fahrscheine, Zeichenkartons für alle ... und so. Wollt ihr das?"

Das wollten alle.

Der Klassenvorstand ging für seine Schüler einkaufen. Und es hat gut funktioniert. Weil niemand vergessen konnte. Weil alle das gleiche Material hatten. Weil nicht Stunden an Organisation und Geldeinsammeln vergingen. Weil sogar Mengenrabatte herausschauten.

Für das zweite Semester wollte er wieder Geld einsammeln. Da ging ein Anruf in der Direktion ein. Eine Beschwerde. Zweifel über die Rechtmäßigkeit wurden gesät und Anschuldigungen laut:
"Könnte es sein, dass der Lehrer Geld abzweigt?"

Die Direktorin sah sich zum Handeln veranlasst: "Auf Grund dieser Beschwerde müssen Sie diese Klassenkassa auflösen, Herr Kollege. Das ist ungesetzlich!"

Der Klassenvorstand überließ die Rechnungen, die er fleißig gesammelt und verbucht hatte, den Klassensprechern. Sie prüften, befanden alles für richtig und baten ihn:
"Können wir nicht so weitermachen? Das ist doch super!"
"Nein, leider. Eine Mutter hat sich beschwert!"
Die Kinder schüttelten den Kopf und murrten enttäuscht.
"Welche deppate Mutter war das?", fragte ein vorlauter Junge nach.

Es war seine.
emu (Gast) meinte am 3. Jun, 20:37:
Im Prinzip sollte die Schule das Arbeitsmaterial analog den Schulbüchern sowieso selbst stellen – das würde allen Beteiligten viel Zeit und Nerven ersparen. Dafür bräuchte man halt eine gesetzliche Grundlage … 
teacher antwortete am 3. Jun, 20:44:
Das wäre herrlich. 
BIA (Gast) meinte am 3. Jun, 22:01:
Putzig. Klingt nach der Sorte unterforderter ex-berufstätiger Muttis, die hier Angst und Schrecken verbreiten... 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:48:
Ich habe keine Interpretation für solche Aktionen.
Aber: Sie ist im Recht, glaube ich. 
El Loco antwortete am 25. Jun, 14:16:
Unrecht und Recht...
Nein. Diese Mutter ist keinesfalls im Recht, wenn sie haltlose Anschuldigungen verbreitet. In anderen Unternehmen als der Schule wäre sie dafür auch schon verklagt worden, wegen übler Nachrede.

Was nicht zwingend heißt, daß der Lehrer unbedingt im Recht war - aber das kann man anders regeln, beispielsweise über die Klassenpflegschaft. DIE führt dann die Kasse und legt die Belege vor. Das Ergebnis für den Unterricht ist das gleiche, der Lehrer setzt sich keinem unnötigen Risiko aus, fälschlich beschuldigt zu werden, und die Muddi kann ja selbst die Kasse führen, aber nur wenn sie auch dazu in der Lage ist.

Ich kenne die österreichische Gesetzeslage nicht, aber zu meinen Schulzeiten gab es weder Gesetz noch Richtlinie, das die Existenz einer solchen Kasse - ob bei der Schule oder bei der Pflegschaft - verboten hätte. Im Gegenteil: es gibt an meiner ehemaligen Schule bis heute einen Förderverein. 
Weberin meinte am 4. Jun, 11:58:
das ist zum kotzen, oder?
bei uns läuft es noch so, mit klassenkassa und ohne gesetz.
aber vielleicht meldet sich bald ein deppata vata. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:47:
Ist nur eine Frage der Zeit, kommt bestimmt. 
Kekserl (Gast) meinte am 4. Jun, 12:49:
Ja, das ist frustrierend, wenn eine sinnvolle und praktische Vereinbarung von Eltern kritisiert wird. Ich fand es als Schüler auch immer total unpraktisch, wenn jeder extra geht um spezielles Zeichen-/Werkmaterial oder ein Buch als Klassenlektüre zu kaufen. Klassenkassa, eine tolle Initiative! Möglicher Lösungsansatz: Jedes Semester eine übersichtliche grobe Abrechnung zusammenschreiben und für jeden Schüler kopieren. Alternative: Schüler, die das nicht wollen, müssen ihre Sachen halt selber kaufen. Dann wissen die junge Leute wenigstens, welche Eltern das nicht unterstützen wollen ;)

PS: Allerdings habe ich mich als Schüler auch immer gewundert, wenn Lehrer alle paar Wochen Kopiergeld einsammeln und man nie am Jahresende etwas zurückbekommt. Bei einigen hatte ich echte Zweifel, dass sie noch den Überblick haben. Das ist natürlich die Kehrseite der Medaille. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:46:
Diese Zweifel haben viele Lehrer veranlasst, diesen Einkaufsservice aufzugeben. Mehrarbeit und dazu Vorwürfe, nein, danke ... dann geht eben Unterrichtszeit und -qualität drauf! 
fedor (Gast) meinte am 4. Jun, 13:25:
Ganz stimmt die Meinung der Direktorin nicht.Hätte der Kollege sich von den Eltern eine schriftliche Einverständniserklärung geben lassen,wäre alles in Ordnung gewesen.Leider gibt es solche und ähnliche Fälle öfters,sodaß sich niemand wundern sollte,wenn engagierte Lehrer "den Hut draufhauen". 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:44:
Ich bin nicht sicher, ob das rechtlich durchginge. Bei uns werden Ankäufe in Klassenstärke von Lehrerseite als nicht legal betrachtet. 
El Loco antwortete am 25. Jun, 14:18:
"werden ... betrachtet" - aber von wem?
Vom Gesetz? Vom Ministerium? Oder von irgendwelchen Leuten?

Vom Gesetz wohl nicht, sonst würden sie nicht "betrachtet", sondern wären schlicht verboten. 
teacher antwortete am 26. Jun, 20:01:
Entscheidend ist doch das Handeln der Akteure, nicht das geschriebene Gesetz - die mir bekannten Lehrer halten das beschriebene Vorgehen für illegal und tun es nicht, aber keiner wird konkrt einen Paragraphen zitieren können. 
EssenMitLöffeln (Gast) meinte am 4. Jun, 15:30:
Also ganz offen gsagt
Wir hatten auch mal das Angebot, so eine Klassenkassa zu machen - es gab eine Abstimmung (nur Klassenintern, keine Eltern oder so) darüber, ob wir das wollen, und ich hab als Einziger dagegengestimmt.

Der Klassenvorstand war dann fürchterlich beleidigt, und wegen mir ist die Sache abgeblasen worden, ich war dann also der "Böse".

Warum ich dagegen gestimmt hab? Z.B. weil es immer wieder so Spendenaktionen gibt, wo sich diverse Schüler & Lehrer irrsinnig unter Druck gesetzt fühlen, dass sie/ihre Klasse auch brav genug spenden. Wenn man sich als Schüler unter Druck gesetzt fühlt und trotzdem nichts spenden will, weil einem die Organisation unsympathisch ist (z.B: das ÖRK, das sich seit Jahren dem Spendengütesiegel verweigert (cf. "Wie man leben soll", von Glavinic)), dann ist es doppelt peinlich dem Klassenvorstand zu sagen: Aber für mich gibst nix her.

Es ist schon so peinlich genug, wenn man den Leuten mit der Hakerlliste zum 5. Mal sagt, in diesem Falle geb ich nix her, tut mir leid, aber es dem Klassenvorstand vor der ganzen Klasse zu sagen, wär noch viel viel peinlicher, und die Abrechnung nachher wird zur Hürde. (Abgesehen davon ist es ja so, dass z.B. Familien mit mehreren Kindern bei solchen Zwangsspendenaktionen immer doppelt und dreifach draufzahlen. Warum eigentlich? Grad die sozialen Einrichtungen sollten doch um Ausgleich bemüht sein - in dem Fall ist es genau umgekehrt.)

Tatsache ist, dass der einzelne durch die Klassenkassa ziemlich die Kontrolle über sein Geld verliert. Und eigentlich ist es fast nie so, dass die ganze Klasse wirklich das gleiche zahlt (Zug: Vorteilskarte/keine Vorteilskarte, manche Leute gehen in BE und brauchen dieses und jenes, die anderen in Musik und brauchen fast nie was usw.). Und die die weniger konsumiert haben bangen völlig zurecht darum, ob es am Ende eine gerechte Abrechnung gibt. Da können schon so einige Euronen draufgehen. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:43:
Ich kann die Argumente nachvollziehen. Leider bestimmt dann 1 Person über 29 andere. In der Demokratie sollte sich eine überstimmte Minderheit einfach anpassen. 
Daria (Gast) meinte am 4. Jun, 17:17:
Bei uns ist es so, dass der Lehrer Bücher, Eintrittskarten etc. für alle besorgt und wir ihm das Geld dann zurückgeben. Hefte ähnliches kann sich jeder individuell kaufen, da ist aber bei den meisten auch nichts bestimmtes vorgeschrieben. Funktioniert eigentlich ganz gut, spätestens nach zwei Wochen ist da meist auch alles bezahlt und alle haben ihre Bücher. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:42:
Würde ich nicht tun, weil ich dann manchen Kindern 3 Wochen nachlaufen muss. Ist mühsam und frustrierend. 
mae(h) (Gast) meinte am 4. Jun, 17:19:
Das erinnert mich an eine Debatte darüber, ob die Anschaffung von Schullaptops sinnvoll ist.

Damals haben sich die Eltern von dem Jungen über die daraus resultierende Strahlenbelastung beschwert, der als einziger ein Handy hatte...

Tja, ich hab jetzt seit einer halben Woche mein Abi und es gibt Dinge, die ich ganz sicher nicht vermissen werde... 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:41:
Aber einiges wirst du sehr bald vermissen ...

Es wird einfach immer schwieriger, einen gemeinsamen Nenner für 30 Kinder zu finden, weil wir immer individualistischer denken. Das macht Schule zunehmend problematisch. 
steppenhund antwortete am 5. Jun, 09:57:
Das mit dem individualistisch Denken würde ich aber sehr bestreiten. 
mae(h) (Gast) antwortete am 5. Jun, 17:36:
Ich werde sicher einiges vermissen, ja, aber ich freu mich auch auf mein duales Studium. Ist auch sehr schulmäßig, mit Studiengruppen die die Größe von Schulklassen haben und dort ist wohl auch alles recht persönlich. Es wird jedoch deutlich anstrengender werden. 
teacher antwortete am 5. Jun, 20:25:
@steppenhund: Naja, individualistisch klingt besser als egoistisch und Denken besser als Konsumieren.

@mae(h): Ist das eine FH = university of applied sciences 
mae(h) (Gast) antwortete am 5. Jun, 22:25:
Nein, ist es nicht. Ich gehe an eine Polizeiakademie. ;) 
teacher antwortete am 6. Jun, 14:19:
Fein. Die Polizei hat meist Mitleid mit den Lehrern :-)) 
gast (Gast) meinte am 4. Jun, 17:24:
deine letzten drei titel lauten "blöd, trottel, deppat"
du wirst zunehmend einseitiger. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:38:
Das kann kein Zufall sein. Bald kommen Ferien ... 
bonanzaMARGOT meinte am 4. Jun, 18:08:
wie das heute so ist - gerüchte, mißtrauen, - ein verdacht ist schnell ausgesprochen. die mutter wollte vielleicht einfach nur mal nachhaken.
deppat ist die direktion, die das ganze einstellte, obwohl doch alles mit rechten dingen zuging. 
teacher antwortete am 5. Jun, 09:39:
Keine Ahnung, was die Mutter wollte, die Beschwerde ging direkt in die Direktion.
Aber: Ganz legal ist das gemeinsame Einkaufen keinesfalls. 
Ketzerkatze (Gast) antwortete am 5. Jun, 14:28:
Auch schön ...
Mutti will wissen, wie Einkäufe, Klassenkasse etc. in der Klasse _ihres Kindes_ geregelt wird und fragt nicht den Lehrer, sondern "ganz oben".

Warum nicht gleich zum Ministerium?

Wie ich solche Gutmuttis und -papis hasse! Nie direkt beim Zuständigen fragen, sondern direkt zum "Chef" (der im Zweifel keinen Plan hat und noch zusätzlich chaotisiert). 
steppenhund antwortete am 5. Jun, 18:02:
Die richtige Adresse ist der Faymann. Man könnte auch den Pfarrer fragen. Vielleicht reagiert dann Gott. 
teacher antwortete am 5. Jun, 20:21:
... sonst bleibt noch das Salzamt. 
Gutpapi (Gast) antwortete am 7. Jun, 16:38:
Naja aus meiner Erfahrung ist es (leider) häufig so, das man nur dann etwas erreicht wenn man sich nicht mit den Krümeln abgibt sondern gleich zum Kuchen geht.

Ist doch in allen Bereichen so.
In der Firma ist etwas defekt. Der Mechaniker repariert trotz mehrmaliger Aufforderung nicht. Erst wenn man seinen Chef anschreibt, ist der Mechaniker 10min später da.

Man bestellt bei einer Imbisskette. Zuhause fällt auf das 3 Sachen nicht eingepackt wurden. Sich bei der Bedienung zu Beschweren ist völlig sinnlos. Direkt die Beschwerde zum Leiter und siehe da: Man bekommt Gutscheine in Höhe der fehlenden Waren.

Man kauft online ein elektronisches Gerät. Es ist defekt. Der Telefonsupport rattert nur seine Standardsätze herunter. Per Mail der gleiche Blödsinn. Nichts geht weiter. Man wird für Blöd verkauft.
Erst der Kontakt mit dem Geschäftsführer sorgt für eine sofortige Klärung des Falls.

Wenn nun die hier angesprochene "Mutti" vielleicht auch solche Erfahrungen macht, dann dürfen sich die Lehrer nicht wundern wenn die Beschwerde gleich an die Direktorin geht. 
daisee gell meinte am 6. Jun, 01:51:
like
Christoph (Gast) antwortete am 6. Jun, 14:48:
Ich finde auch, dass Klassenkassa eine gute Idee sind. Mich hat es als Schüler auch immer genervt, wenn man wegen jedem kleinen bisschen rosrennen musste. Und es muss doch eigentlich auch möglich sein, mit kompletten Belegen alles nachzuweisen. Wenn es bestimmte Eltern dann trotzdem nicht wollen, sollen diese halt die Schulsachen für ihre Kinder selber kaufen. 
teacher antwortete am 6. Jun, 18:54:
Der Clou der Geschichte: Weder die Eltern (besser: einige) noch die vorgesetzten Behörden (bzw. die hohe Politik) trauen uns zu, mit soooo viel Geld ehrlich umzugehen. Das hat doch Aussagekraft, die zum Weinen ist. 
BIA (Gast) antwortete am 6. Jun, 19:04:
Ja, teacher, aber hier war 1/60 der Eltern komisch drauf (wenn man davon ausgeht, dass jedes Kind 2 Eltern hat und 30 Leute in der Klasse sind), d. h., ein MINIMALER PROZENTSATZ! Und blöde Leut' gibt's überall! Da würde ich mich nicht so stressen lassen.
(Und wenn Du glaubst, unser Berufsstand wird von der Bevölkerung runtergemacht, lies Dir mal im Spiegel online die Kommentare zu den für die EHEC zuständigen Behörden und Organisationen durch! Alle unfähig etc.!

Was mir eine Kollegin aus Hongkong mal erzählt hat: der Klassenvorstand ruft bis Weihnachten jedes Zuhause 1x an und macht ein bissi Smalltalk & Gesichtswäsche. Sie sagte, am Anfang fanden sie diese Vorgabe ungemein dämlich, aber die Eltern reagierten so erfreut und im Konfliktfall hatte man schon unter friedlichen Umständen miteinander gesprochen, dass die Lehrer dann vom Nutzen dieser Anrufe mehr als überzeugt waren (aber Achtung! Das ist hier bei uns echt gewöhnungsbedürftig, die Eltern glauben sofort, ihr Kind hätte was Furchtbares gemacht, wenn die Schule anruft, und verhören es stundenlang, wenn man anruft und nur an kleine Geschwister gerät. *lol. Nur anrufen, wenn man relativ sciher ist, dass sie da sind u. dann erstmal sagen, es ist nichts Schlimmes passiert.) 
teacher antwortete am 6. Jun, 19:11:
Das ärgert mich ja so, dass 1/60 das Modell von 59/60 zum Kippen bringen kann!

Zum Runtermachen: Ich habe das Gefühl, dass alle Berufe (besonders im öffentlichen Dienst), die nicht Millionen in Werbung und PR stecken, von den Medien (=Großteil der Öffentlichkeit) nieder gemacht werden. Die reiche Privatwirtschaft kauft sich einfach genug positives Image.

Das Hongkong-Modell finde ich gut. Als Klassenvorstand probiere ich ganz am Anfang des Jahres einen entspannten Elternabend. Da kaufe ich selbst ein und bewirte, bringe die Eltern zum privaten Gespräch ... aber die heiklen Fälle kommen schon zum ersten Meeting nicht! 
ester (Gast) meinte am 23. Jun, 16:34:
man kann ja die Mutter die Rechnungen persönlich nachrechnen lassen. Dann würde eine Klassenkasse wieder gehn.

aber wie ist das dann bei Exkursionen usw. da wird ja auch das Geld im Vorhinein gesammelt. Das ist ja wie eine Klassenkasse. Das müsste dann ja auch verboten sein und jeder Schüler seinen Eintritt selbst bezahlen. 
teacher antwortete am 23. Jun, 19:42:
Konkrete Zahlungen dürfen gesammelt vorgenommen werden - da geht es ja nicht um Pauschalen, die verboten sind. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma

development