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cotopaxi

 

Zu Schulbeginn ist meine erste Klasse recht zufällig zusammengewürfelt worden. Kinder aus unterschiedlichsten Volksschulen und Herkünften sind plötzlich nebeneinander gesessen und wurden herzlich eingeladen, zur ihrer persönlichen Weiterentwicklung zusammenzuarbeiten.

Seither wurden sie mindestens sieben Mal umgesetzt: Die vorne wandern nach hinten, die beim Fenster zur Türe, die Mädchen zu Mädchen, die Burschen zwischen zwei Mädchenreihen, die Brillenträger zur Tafel, die Scheuen ins Licht usw. Immer werden Vorstellungen von LehrerInnen mit Wünschen der SchülerInnen zu neuen Sitzordnungen verknüpft.

So ist durch unsichtbare Fäden - völlig unbeabsichtigt - ein "stummes Eck" entstanden, das mir erst nach mehreren Wochen bewusst wird: Dort sitzen sechs ruhige Mädchen zusammen und alle haben Migrationshintergrund.

Vor ihnen sitzen vier laute Burschen, die unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sie haben die technische Klassenbetreuung übernommen, sie arbeiten in Gruppen zusammen, sie sind in die Alpharolle geschlüpft.

Neben ihnen sitzen die brillanten Mädchen, die gute Mitarbeitsnoten sammeln, die selbstbewusst Fragen stellen und die besten Arbeiten schreiben.

Warum hat sich diese Desintegration ergeben, frage ich mich.

Ich vermute primär sprachliche Gründe, aber auch ähnliche Charaktere haben einander gefunden. Soll ich bei der nächsten Gruppenarbeit die Karten neu mischen (und heftigen Widerstand und große Probleme auf der Beziehungsebene in Kauf nehmen) oder soll ich die homogenen und harmonierenden Gruppierungen, die sie selbst auswählen, zulassen?

Acht Jahre älter sitzen in meiner Maturaklasse die SchülerInnen bunt gemischt in den Reihen: Ein Vietnamese neben einer Serbin, ein Rumäne zwischen zwei Österreicherinnen. Ich frage, wohin sie am Abend gehen und sie nennen mir eine Reihe angesagter Adressen, Clubs, Diskos, Cafés. In keines der Lokale gehen sie gemeinsam. Sie verbringen nur die Schulzeit zusammen. Friedlich, aber nicht integriert.

P.S.: Das erste Mädchen (23) aus meiner letzten Vorstandsklasse hat heuer geheiratet (Danke für die Einladung zur Hochzeitsfeier) - natürlich einen Österreicher mit identischem Migrationshintergrund. Auch das neueste Liebespaar in der dritten Klasse hat sich ethisch-kulturell gebildet - aus drei Koreanern der Schule (mit über 1000 SchülerInnen) sind sich zwei näher gekommen.

Des/Integration.

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