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cotopaxi

 

Als ich frühmorgens in die dritte Klasse komme, räumen zwei Burschen verdächtige, weiß-gelbe Tüten weg.

"Guten Morgen, setzen bitte."

Mario schluckt einen letzten Bissen hinunter und fragt sofort:
"Warum verschenken die das?"
Alle kennen sich aus. Nur ich nicht. Sie klären mich auf:
"Der Mäcki (= McDonalds) verschenkt heute ein Frühstück!"
Aha.
"... man muss nur den Namen des Radiosenders als Code sagen."
Gut.
Ich lasse meine Stundenvorbereitung sausen. Aktuell auf Schülerfragen eingehen - eine didaktische Grundregel!
"Also", gebe ich die Frage an die Klasse weiter, "warum tun die das?"
"Werbung", kommt aus dem Klassenraum zurück.
"Genau. Und wie funktioniert das?"

Keine Reaktion. Funktioniert halt.

Aus den halblauten Zwischenbemerkungen entnehme ich schnell, dass die Kinder völlig falsche Vorstellungen von den Kosten haben. Ich beginne zu erklären:
"Ein Frühstück zu verschenken, das kostet ihnen nur ein paar Cent. Die Werbung darin ist viel mehr wert."
"Nein! Mein Frühstück hätte 3 Euro gekostet! Wenn das tausende Leute hören ... das kostet ordentlich."
"Ja, du hättest 3 Euro bezahlt, das ist der Preis für die Kunden. Die Kosten für die Firma sind viel geringer, ein paar Cent."
Sie zweifeln.
"Und das Radio? Warum macht das Radio das?", setze ich nach.

Das haben sie noch nie überlegt. Is ne blöde Frage: Warum macht Radio Radio?

"Normalerweise müsste McDonalds für die Werbung im Radio zahlen. Aber solche Aktionen kommen billiger. Und die Leute freuen sich, dass sie den richtigen Sender hören. Sie erzählen das weiter - wie ihr hier - das ist super fürs Image, das bringt zufriedene Hörer."

Viele leere Augen starren mich an: "Was labert der Alte da? Mäcki schenkt uns ein Frühstück und Ö3 ist super." *freu*

Offensichtlich habe ich meine spontane Botschaft nicht rübergebracht. Sie wollen (gerade ?) keine Konsumkritik hören, keine moralische Botschaft aufnehmen, keine Werbetricks hinterfragen.
Sie wollen in Ruhe ihr Radio und ihre Muffins genießen: "Die sind gut." Punkt. "Die lassen wir uns nicht schlecht reden."

Ich greife zur Stundenplanung in meiner Tasche.

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