Eagal (Gast) meinte am 25. Apr, 18:51:
Dieses Zwischen-Tür-und-Angel
ist das, was ich am schlimmsten an der leidigen, aber hübschen Geschichte finde.Es scheint an der Schule einfach keinen Raum (weder örtlich noch zeitlich) zu geben, in dem solche Sachen geklärt werden können - oder man nimmt sich den Raum in der Hetze des Schultags einfach nicht. Die Mädels kommen in der kleinen Pause, die Lehrerin unterbricht den Unterricht eines Kollegen, bis zur nächsten Pause müssen die sich entschieden haben und eine Delegation losschicken ...
Dass die Kollegin so ausrastet, mag verständlich, aber nicht nötig sein. Sie reagiert einerseits auf den Druck der Hetze, andererseits fühlt sie sich persönlich angegriffen: hat sie doch das Projekt geplant, es gibt keine Hintermänner oder -frauen, keine Seilschaft, keine Kooperation, alles hängt an ihr und damit die ganze Verantwortung auch für den Erfolg, den sie will, den sie braucht, um in ihrem Job bestehen zu können.
Dass die Mädels so reagieren, wie sie reagieren, ist eigentlich ganz normal. Die Lehrerin brauchte deren Begeisterung, um überhaupt eine Legitimation für ihr Projekt zu haben. Deswegen signalisierte sie in gewisser Weise Freiwilligkeit: Wenn ihr wollt, machen wir das. Die Mädels reagierten im Zugzwang: Sie möchte das so gerne, scheint ja denn auch ganz nett zu werden, machen wir halt mal mit. Ich denke, das meinte der obige Schreiber auch mit "Erpressung". So schaukelte sich das Projekt hoch, die Kollegin, mit dem emotional gestifteten "Auftrag" der Mädels in der Tasche, legte sich ins Zeug, um das Ganze zu organisieren - wohlgemerkt, als einsame Kämpferin, wie es bei uns Lehrern halt so ist - keine Absprachen, keine Zusammenarbeit, kein Sich-Gegenseitig-Befruchten. Ein enormer Aufwand, dafür erwartet man jetzt aber auch was von denen, für die man das tut.
Und einige von denen steigen an dieser Stelle aus, spüren den emotionalen Erwartungsdruck an der ganzen Sache, die unausgesprochenen Erwartungen, ohne so recht involviert zu sein.
Es mangelt nicht an Kommunikationskompetenz, es mangelt an Raum für gelingende Kommunikation.
Mein persönliches Fazit ist zweierlei:
1. Lass keine sich emotional hochschaukelnde Projekte mit Verpflichtungserwartungen, die nur an deiner Person hängen, zu. Das kann - zumindest für das allgemeine Wohlbefinden - nur schief gehen und belastet dich unangemessen. Stattdessen: gut abgesprochene, von Kollegen mitgetragene Projekte sparsam dosieren. Mit Arbeitsteilung. Mit Netzwerk auch für die Lehrkraft. Mit einfachen, klaren Regeln: Wer nicht da ist, zahlt trotzdem, wer fehlt, ist dem allgemeingültigen Entschuldigungsverfahren unterworfen. Dann gelten sie einfach, die Regeln, und keiner braucht sich zu ärgern.
2. Nimm dir Raum für Kommunikation. Reagiere nicht auf Knopfdruck, mach im Zweifelsfall einen Gesprächstermin aus, um deinen Gesprächspartnern und dir selbst die Gelegenheit zur inneren "Sortierung" zu geben.
Sich so zwischen Tür und Angel aufzuregen, lässt mich um die Gesundheit der Kollegin fürchten.
teacher antwortete am 26. Apr, 09:17:
Perfekte Metakognition, danke.
lilula (Gast) antwortete am 26. Apr, 16:16:
@Eagal - dein persönliches fazit punkt 1 u.punkt 2, besonders punkt 1 ist total auch meine ansicht. besonders bin ich auch für klare und einfache regeln, an die man sich dann einfach hält, ohne ausnahme, ohne herumgequatsche, ohne jammern. lehrer, die sich auf schüler verlassen, dass sie sich schon an eine abmachung halten, find ich zwar nett, aber auch ganz schön doof. - aber schüler können sich sehr wohl und gut an regeln halten, wenn der lehrer sich selbst auch immer konsequent dran hält.