Ich werde ihn nicht vergessen, meinen Medienpädagogen an der Uni:
"Macht euch keine Sorgen, wenn sie die dümmsten Serien anschauen."
Wir machten uns Sorgen.
"Gerade die dümmsten Serien sind unglaublich komplex. Da taucht in der 68. Folge die Schwester vom Ex-Gatten der neuen Schulfreundin auf und tritt deren Schwager in den Hintern. Wer? Wo? Warum? Diese Handlungsstränge zu verfolgen, das ist eine intellektuelle Herausforderung."
Der Pädagoge zitierte die "Sleeper Curve" und wir machten uns immer noch Sorgen.
Ich habe die 3.Klasse abstimmen lassen, wie sie ihre "Weihnachststunde" gestalten will. Eine wilde Streiterei. Spiele? Bäckereien? Chillen? Heraus kam ein Video: "Marley und ich", eine seicht-romantische Hundekomödie. OK.
Wenn ich meine SchülerInnen beim Videoschauen beobachte, muss ich feststellen: Viele wollen nebenbei tratschen und spielen, sie wollen den Film bloß im Hintergrund plätschern sehen, als Begleitmedium nutzen. So wie wir das vom Radio beim Frühstücken gewohnt sind.
Meine erste Reaktion: "Wenn ihr tratscht, Leute, dann können wir nichts verstehen, dann brauchen wir nicht schauen."
Hat früher abschreckend gewirkt. Ist heute sinnlos. Nach wenigen Minuten fallen sie in ihre Gewohnheit zurück, kommentieren, imitieren, kritisieren, fragen, erzählen, vergleichen ... stören.
Dann habe ich angeboten: "Wir tratschen will, der muss hinaus, auf den Gang."
Niemand ist gegangen, aber beim Videoschauen wird weiter getratscht. Mir geht das auf den Keks, ich möchte zuhören und ich möchte das auch anderen Interessierten ermöglichen.
Geht nicht, ich müsste schreien, strafen ... damit wir in Ruhe (!) Video schauen und hören können. Das kann es wohl nicht sein.
Meine Hypothese:
Wir Alten wollen einen Film ganz sehen und ganz verstehen: Bilder, Texte, Inhalte. Zusammenhänge erkennen, Hintergründe erahnen, Überraschungen erleben.
Die Jungen poltern lieber von einem Gag zum anderen. Die Story ist Nebensache, "Action" muss sein. Sie fragen nicht nach dem Sinn eines Filmes, nach den Absichten des Regisseurs, sie fordern bunte, schnelle, krasse Bilder ohne Wenn und Aber.
Deswegen mache ich mir Sorgen, Herr Univ.-Prof.!
Stimmt schon, auch die dümmsten Fernsehserien können komplexe Zusammenhänge haben. Aber meine SchülerInnen warten bloß auf die nächste Actionszene, den nächsten Gag, den geilsten Coup aller Zeiten. Dazwischen, vor allem bei gesprächslastigen Szenen, wird getratscht.
Nach der Pause kommt eine Abordnung der 3.Klasse zu mir:
"Wir würden lieber Sky High anschauen?"
Marley war zu fad - zu viele Dialoge. Zu wenig Explosionen. Abbruch.
Es ist Weihnachten ... und bei den Actionszenen von "Sky High" ist es wirklich ruhig geworden in der Klasse: Bumm.
Ich mache mir weiter Sorgen.
----------------------------------------------------------------------------------------------------
SCHÖNE WEIHNACHTEN, liebe Leute. Ich mag euch.
"Macht euch keine Sorgen, wenn sie die dümmsten Serien anschauen."
Wir machten uns Sorgen.
"Gerade die dümmsten Serien sind unglaublich komplex. Da taucht in der 68. Folge die Schwester vom Ex-Gatten der neuen Schulfreundin auf und tritt deren Schwager in den Hintern. Wer? Wo? Warum? Diese Handlungsstränge zu verfolgen, das ist eine intellektuelle Herausforderung."
Der Pädagoge zitierte die "Sleeper Curve" und wir machten uns immer noch Sorgen.
Ich habe die 3.Klasse abstimmen lassen, wie sie ihre "Weihnachststunde" gestalten will. Eine wilde Streiterei. Spiele? Bäckereien? Chillen? Heraus kam ein Video: "Marley und ich", eine seicht-romantische Hundekomödie. OK.
Wenn ich meine SchülerInnen beim Videoschauen beobachte, muss ich feststellen: Viele wollen nebenbei tratschen und spielen, sie wollen den Film bloß im Hintergrund plätschern sehen, als Begleitmedium nutzen. So wie wir das vom Radio beim Frühstücken gewohnt sind.
Meine erste Reaktion: "Wenn ihr tratscht, Leute, dann können wir nichts verstehen, dann brauchen wir nicht schauen."
Hat früher abschreckend gewirkt. Ist heute sinnlos. Nach wenigen Minuten fallen sie in ihre Gewohnheit zurück, kommentieren, imitieren, kritisieren, fragen, erzählen, vergleichen ... stören.
Dann habe ich angeboten: "Wir tratschen will, der muss hinaus, auf den Gang."
Niemand ist gegangen, aber beim Videoschauen wird weiter getratscht. Mir geht das auf den Keks, ich möchte zuhören und ich möchte das auch anderen Interessierten ermöglichen.
Geht nicht, ich müsste schreien, strafen ... damit wir in Ruhe (!) Video schauen und hören können. Das kann es wohl nicht sein.
Meine Hypothese:
Wir Alten wollen einen Film ganz sehen und ganz verstehen: Bilder, Texte, Inhalte. Zusammenhänge erkennen, Hintergründe erahnen, Überraschungen erleben.
Die Jungen poltern lieber von einem Gag zum anderen. Die Story ist Nebensache, "Action" muss sein. Sie fragen nicht nach dem Sinn eines Filmes, nach den Absichten des Regisseurs, sie fordern bunte, schnelle, krasse Bilder ohne Wenn und Aber.
Deswegen mache ich mir Sorgen, Herr Univ.-Prof.!
Stimmt schon, auch die dümmsten Fernsehserien können komplexe Zusammenhänge haben. Aber meine SchülerInnen warten bloß auf die nächste Actionszene, den nächsten Gag, den geilsten Coup aller Zeiten. Dazwischen, vor allem bei gesprächslastigen Szenen, wird getratscht.
Nach der Pause kommt eine Abordnung der 3.Klasse zu mir:
"Wir würden lieber Sky High anschauen?"
Marley war zu fad - zu viele Dialoge. Zu wenig Explosionen. Abbruch.
Es ist Weihnachten ... und bei den Actionszenen von "Sky High" ist es wirklich ruhig geworden in der Klasse: Bumm.
Ich mache mir weiter Sorgen.
----------------------------------------------------------------------------------------------------
SCHÖNE WEIHNACHTEN, liebe Leute. Ich mag euch.
teacher - am Mittwoch, 23. Dezember 2009, 10:12