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"Die Schüler werden immer dümmer, die Leistungen immer schlechter", behaupten viele KollegInnen und stehen nicht an, ihr Urteil zu begründen:
"Wenn ich heute die gleichen Prüfungsaufgaben stelle wie vor zehn Jahren, dann fallen mir die Hälfte der Kinder durch."
Ich übertreibe gerne und füge hinzu: "Ich muss mich bei allen Schülern entschuldigen, die ich vor zwanzig Jahren durchfallen ließ - sie würden heute im guten Mittelfeld liegen."
Eine Mathe-Kollegin: "Ich habe auch viele Aufgaben gekürzt und vereinfacht. Sonst schaffen sie es nicht mehr."

Kurz: Wir haben im Gymnasium den belegbaren Eindruck, dass das Niveau erheblich gesunken ist. Wir können es mit Testergebnissen der Vergangenheit nachweisen.

Auch die KollegInnen in den Hauptschulen argumentieren so: "Eigentlich kann ich in manchen Klassen nur mehr erziehen, fachliche Arbeit kommt viel zu kurz. Es gibt massive Sprachdefizite, da können wir nicht weiterkommen."

Bildungsforscher behaupten das Gegenteil: "Wenn ich heute die jungen Leute selbstverständlich Englisch reden höre, wenn ich ihren Umgang mit der Technik beobachte, wenn ich ihre sozialen Kompetenzen berücksichtige, dann ist das Bildungsniveau erheblich gestiegen!"

Wie erklärt man diesen Widerspruch?

Es ist ein statistischer Effekt, der nicht unmittelbar wahrgenommen wird. Heute gehen nicht 5 % der Kinder, sondern 50% ins Gymnasium. Aus der Eliteschule von damals ist eine höhere Gesamtschule geworden. Die LehrerInnen müssen sich an das durchschnittliche Niveau anpassen, ihre Ansprüche senken. Aber viel mehr Kinder erwerben im Gymnasium viel mehr Qualifikationen, sodass im Durchschitt das Niveau merkbar anzieht. Die LehrerInnen nehmen primär die sinkenden Einzelgebnisse wahr, nicht den steigenden Gesamtwert in der Gesellschaft.

Da die Hauptschulen (zumindest in den Städten) zu Restschulen erodiert sind, spüren die LehrerInnen auch dort das sinkende Niveau. Früher waren auch gute und sehr gute Kinder in ihren Klassen, sie haben dort mit schönen Leistungen geglänzt und beste Eindrücke hinterlassen. Heute gehen auch mittelmäßig begabte Kinder ins Gymnasium und drücken die Ergebnisse runter - auf beiden Seiten.

Die Folge: Das Bildungsniveau nimmt zu, trotzdem jammern alle Lehrer über sinkende Leistungen und sind frustriert. Die Arbeitgeber auch. Die Unis auch.
Eine komische, eine bedrückende Statistik. Oder irre ich mich da gewaltig?

"Ich hätte mich mehr mit meinem Kater beschäftigen sollen", feixt eine arrivierte Kollegin, "das hätte allen mehr gebracht."

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